Archive for Juni, 2008

fußball + fernsehen, eine kritik

Sonntag, Juni 29th, 2008

fernsehfussball.jpg Heute Abend wird es wieder so sein: Alle Welt, darunter 30 Millionen Deutsche, sind sicher, ein Fußballspiel zu sehen, nämlich im Fernsehen. Auf der Grundlage der gelieferten Bilder wird das, was man glaubt gesehen zu haben, das Finale zwischen Deutschland und Spanien, dann analysiert: Mehr über die Außen oder mehr durch die Mitte hätte die eine oder andere Mannschaft kommen müssen, mehr Druck machen oder mehr Ruhe im Spielaufbau, häufiger mal Distanzschüsse oder flache Pässe an die Spitzen – das gesamte Arsenal fußballanalytischer Begriffe wird abgefeuert.

Doch was man gesehen haben wird, ist nicht das Fußballspiel, sondern die Inszenierung des Fußballspiels: Wer vor einem Eckball den ruhenden Ball gezeigt bekommt und nicht sieht, wie sich die Mannschaften vor dem Tor positionieren, hat, sollte es zu einem Torerfolg kommen, die bedeutsame Entwicklung zu diesem Tor nicht gesehen.

Zensurvorwürfe werden jetzt schon laut: einerseits zu Recht, andererseits greifen sie zu kurz. Das Schweizer Fernsehen etwa beschwerte sich über die Bildauswahl der für die Übertragung zuständigen Firma, einem Tochterunternehmen der Uefa. In der Berliner Zeitung schreibt Rainer Braun:

Aus journalistischer Sicht „mehr als problematisch“ bewertete SRG-Direktors Armin Walpen schon zuvor die Bildauswahl der Uefa-Tochter, weil unschöne Ereignisse wie der Abschuss von Leuchtkörpern oder Fan-Ausschreitungen von der Uefa ausgeblendet werden. Deren Sprecher William Gaillard erklärt dazu, dass die Uefa keine Bühne für Gewalt bieten wolle. Er erinnerte auch daran, dass die Uefa-Tochter Bilder auf zehn Kanälen anbiete, aus denen sich die TV-Sender bedienen könnten.

In einem Beitrag von Thomas Wagner für den Deutschlandfunk heißt es:

So schildert die Schweizerische „Sonntagszeitung“ Beispiele, wo die Uefa-Kameras während der Life-Übertragung ganz schnell wegschwenkten – als beispielsweise ein kroatischer Fan gegen Helfer randalierte, als beim Spiel Kroatien gegen Österreich ein Exibitionist aufs Spielfeld rannte oder Fans unerlaubt Brandfackeln entzündeten.

Sich daraus ergebende Kritik wird von den Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland erstaunlicherweise abgewimmelt, berichtet Rainer Braun:

Bei der ARD will man davon nichts wissen: „Egal, ob EM oder Olympische Spiele – wir sind immer auch mit eigenen Kameras vor Ort“, sagte NDR-Programmdirektor Volker Herres. „Das heißt, wir sind nicht ausschließlich auf die Bilder angewiesen, die uns geliefert werden. Bei uns verpassen die Zuschauer daher nichts.“

Überträgt man diese merkwürdige ARD-Antwort auf das heutige Fußballfinale, merkt man, wie dämlich sie ist: Herr Herres beharrt darauf, dass, wenn er erstmal gute Bilder für den Zuschauer rausgesucht und schlechte Bilder aussortiert hat, alles zu sehen sei. Man sieht aber gerade nur das, was Herr Herres gut findet, und wenn er ernsthaft glaubt, das sei alles, hat er ein Problem, das nicht mit Journalismus zu lösen ist.

Was Herr Herres nicht weiß, aber, wenn man ihn in solchen Dingen wie Medientheorie mal ausgebildet hätte, wissen sollte, hat in einem sehr klugen Aufsatz Simon Rothöhler im Freitag zusammengefasst und auf die Euro angewendet:

Das Bild, das die Welt sich dieser Tage vom Fußball macht, basiert genau genommen auf Montageentscheidungen

Die provozierten ein besondere Art der Inszenierungskritik:

Viele Vorwürfe klingen dabei wie Echos der klassischen Ideologiekritik am Hollywoodkino: Zu wenig Raumintegrität, zu hohe Schnittfrequenz, zu viele Nahaufnahmen nebst Hegemonie des Star-Bildes und autoritärer Lenkung des Zuschauerblicks. Die Inszenierungskritiker fordern im Grunde, dass das Weltbild eher wie das aktuelle Weltkino – die Filme von Regisseuren wie Abbas Kiarostami oder Lav Diaz sind gemeint – sein sollte: Reduzierte Montage, distanzierte Plansequenzen, egalitär gesinnter Ensemblefilm mit Laiendarstellern statt Politik des Stars. Es geht um eine Ästhetik, die an raum-zeitlicher Kontinuität interessiert ist und das Vorgefundene nicht zu stark transformiert.

 Aber, argumentiert Rothöhler, die Kritiker

träumen von einer Annäherung zwischen der Wahrnehmungssituation im Stadion und den Darstellungskonventionen, die das Sportereignis in ein Fernseh-Event überführen. Die Weltbild-Regie kann aber nicht reinen Experten-Interessen folgen, indem sie beispielsweise das Verhalten der Viererkette beim Angriff des eigenen Teams zeigt, sondern muss nach einer objektiveren Auflösung des Spiels suchen.

Was herauskommt, ist also nie und nimmer das Abbild eines Fußballspiels, über das am nächsten Morgen diskutiert wird. Das liegt nicht an Zensur, nicht an populistischer Bildführung, nicht an der Unfähigkeit der Regisseure und übrigens schon gar nicht an Béla Réthy. Es liegt am Medium Fernsehen.

Nachtrag: Von diesem Thema handelt auch meine letzte, also meine finale EM-Kolumne in der Netzeitung: Servus, Grüezi und Hallo

euro: tore und tornetze

Samstag, Juni 28th, 2008

Kurz vor dem Finale noch mal sehr wesentliche Gedanken: Warum waren die Tornetze in der EM-Vorrunde schwarz? Warum sind sie in der Finalrunde weiß? Und erklärt das vielleicht das schlechte Abschneiden Griechenlands? Alle Antworten in meiner Servus-Grüezi-und-Hallo-Kolumne in der Netzeitung: Schwarz und Weiß!

schwule kicker

Freitag, Juni 27th, 2008

fashanu-gaytimes.jpg Die Netzeitung hat sich einen Tagesschwerpunkt „schwul-lesbisches Leben“ gegeben. Von mir dazu ein Text über Schwule im Fußball

fußballfan merkel

Donnerstag, Juni 26th, 2008

In der, man kann den hübschen Kolumnentitel nicht oft genug zitieren: Servus-Grüezi-und-Hallo-Kolumne der Netzeitung widme ich mich heute dem Thema Angela Merkel: Kicker, Kanzler und Kalküle.

tierfeind türke

Donnerstag, Juni 26th, 2008

geissen1.jpg Die, wie sie sich selbst nennt, Tierrechtsorganisation Peta versendet eine Pressemitteilung zum Halbfinale der Fußball-EM, das, wie Eingeweide, äh: Eingeweihte wissen, Deutschland mit 3:2 gegen die Türkei gewonnen hat. Den Sieg, heißt es dort, „feiert die Tierrechtsorganisation Peta Deutschland e.V. mit besonderer Begeisterung“.
Nicht aus so nationalen Gefühlen, sondern aus, man glaubt kaum, dass es so etwas geben kann: noch niedrigeren Motiven. Der türkische Fußballchef habe nämlich angekündigt, „dass er 1111 Tiere opfern lassen würde, sollte die Türkische Mannschaft als Sieger das Spielfeld verlassen“.

„Philipp Lahm hat mit seinem Schuss das Leben von über 1000 Tieren gerettet“, lässt sich ein Tobias Hagenbäumer von Peta Deutschland zitieren. Und in der Pressemitteilung heißte es weiter: „Jährlich sterben Millionen von Tiere für den Fleischkonsum des Menschen, viele von ihnen werden – gerade in der Türkei – einem rituellen Schlachten unterzogen.“

Hä? Das „rituelle Schlachten“ in der Türkei dient dem millionenfachen Fleischkonsum der Menschen? Warum sind solche Leute nicht nur so unangenehm, sondern noch so stupend blöd?

euro: kontinentalverschiebung

Dienstag, Juni 24th, 2008

Nach Vorrunde und Viertelfinale und trotz Nichtqualifikation der Uefa-Mitglieder Armenien, Georgien, Israel oder Kasachstan muss man zugeben: So ganz unmöglich ist es nicht, dass zwei Länder, die nicht zu hundert Prozent europäisch sind, um den Titel des Europameisters spielen: Türkei vs. Russland. Dazu meine Servus-Grüezi-und-Hallo-Kolumne in der Netzeitung.

euro und nationalismus

Montag, Juni 23rd, 2008

andymarkovits.jpg In der heutigen taz findet sich ein Interview, das ich mit Andy Markovits geführt habe: „Der alte Nationalismus nimmt während eines solchen Turniers stark zu“, führt er aus, obwohl die sportliche Qualität des Klubfußballs besser sei.

jerusalem

Montag, Juni 23rd, 2008

jerusalem-altstadt.jpg Die Netzeitung sich  „Hauptstadt“ zum Tagesthema gewählt. Nicht nur Berlin, sondern Hauptstädte in der ganzen Welt werden vorgestellt. Ich habe ein paar Zeilen über Jerusalem geschrieben. Andere Hauptstädte wie Jakarta, Havanna, Tokio, Panama-Stadt oder London werden auch beschrieben. Hauptsache Hauptstadt halt.

ein handballgedicht

Sonntag, Juni 22nd, 2008

Im Blog Sportswire.de hat Elke Wittich die Auslosung der 1. Hauptrunde des DHB-Pokals eingetragen. Auf den ersten Blick vielleicht unsinnig, aber wer genau hinschaut, bemerkt die lyrische Bedeutung der Mannschaften. Um die Poesie des DHB-Pokals zu verdeutlichen, habe ich alle dort genannten Vereinsnamen zu einem Gedicht verarbeitet:  

 

Hommage auf die 1. Hauptrunde des DHB-Pokals der Männer

(Man sollte versuchen, diese Hymne auf die Melodie von „We didn’t start the fire“ von Billy Joel vorzutragen, und auch da, wo dies nicht gelingt, immer die letzte Silbe jeder Zeile besonders betonen)

TV Nieder-Olm, HG Remscheid, SG Wallau/Massenheim

HC Empor Rostock, OHV Aurich, Eintracht Hildesheim

 

ASV Hamm, TSV Altenholz, VfL Bad Schwartau

EHV Aue, ThSV Eisenach, Leichlinger TV

 

LHC Cottbus, TV Bittenfeld, VfL Fredenbeck

TSV Bremervörde, TuS Neunsieben Bielefeld-Jöllenbeck

 

HVH Karmens, TuS GW Himmmelsthür, HC Neuruppin

TV Korschenbroich, TV Neuhausen/Erms, SV Post Schwerin

 

HSG Tarp-Wanderup, HaSpo Bayreuth, TV Offenbach

TuS Spenge, HSG Augustdorf/Hövelhof, TV Hemsbach

 

HC Einheit Nullfünf Halle/Saale, SG Wift Neumünster

MTV Vorsfelde, HC Erlangen, TSG Münster

 

TSV Hannover-Anderten, TSV Altenholz Zwei

HSG Gensungen/Felsberg, HSG Handball Lemgo Zwei

 

TSV Ellerbek, SV Nullfünf Nullsieben Hüttenberg

TuS-N-Lübbecke, TV Jahn Duderstadt, TV Aldekerk

 

HG Saarlouis, HR Ortenau, HSG Hohn/Elsdorf

SV Concordia Delitzsch, TSV Hannover Burgdorf

 

SG Bruchköbel, ATSV Habenhausen

SC DHFK Leipzig, OSC Nullvier Rheinhausen

 

TSV Neuhausen/Filder, HSV Eintracht Baunatal

SG Achim Baden, TV Emsdetten, UVS Rheintal

 

DJK BTB Aachen, HSC 2000 Coburg

TuS Ferndorf, TSG Friesenheim, HSV Bad Blankenburg

 

SG Köndringen-Teningen, SG BBM Bietigheim

HSG Wallau/Massenheim Zwei, TSB Heilbronn-Horkheim

 

HG Oftersheim-Schwetzingen, SG Kronau-Östringen Zwei

Ahlener SG, DHK Flensborg, SC Magdeburg Zwei

 

Bergischer HC, HSG Nordhorn Zwei, TUSPO Obernburg

HSG Kleenheim, HSG Varel, SV Anhalt Bernburg

 

TuS Niederwermelskirchen, Wilhelmshavener HV

HSV Naunburg/Stößen, Dessau-Rosslauer HV

 

TSG Groß-Bieberau, HSG Düsseldorf, Oranienburger HC

Dessau-Rosslauer HV Zwei,  SG SZOWW

sport und anderer wettbewerb

Sonntag, Juni 22nd, 2008

In meiner Servus-Grüezi-und-Hallo-Kolumne in der Netzeitung eine Betrachtung dazu, wohin es führt, wenn man den Fußball nicht ernst nimmt: Sport und anderer Wettbewerb.