Archive for Dezember, 2008

joyce schlägt schmidt

Samstag, Dezember 27th, 2008

joyce-augenklappe.jpg 1930 erlebte Zürich einen sensationellen Boxkampf: Der bereits 48jährige Schriftsteller James Joyce verprügelte das 16jährige Talent Arno Schmidt. Näheres dazu in der tazHeldenherzen mit heißen Fäusten.

 

jack johnson, max schmeling

Freitag, Dezember 26th, 2008

johnson-comic.jpg Vor 100 Jahren, am 26. Dezember 1908, wurde der Amerikaner Jack Johnson erster schwarzer Schwergewichtsweltmeister des Profiboxens. Bis ins australische Sydney war Johnson dem kanadischen Weltmeister Tommy Burns nachgereist, um ihn endlich zu stellen – und dann noch zu gewinnen.

Eine schöne Würdigung des Mannes, dessen Größe darin bestand, es niemandem Recht zu machen, alles falsch zu machen, was wohlmeinende Menschen ihm als richtig empfahlen, findet sich in der FAZ bei Christian Eichler: Pionier des schwarzen Selbstbewusstseins.

Und die New York Times, zumindest was die Boxsportberichterstattung angeht, doch immer deutlich weiter, stellt eine Comic-Biografie über Jack Johnson vor: Comic Book Takes Unflinching Look at a Boxing Champion.

Dass Jack Johnson hierzulande doch eher nur Boxexperten etwas sagt, kann man nicht nur damit erklären, dass damals in Deutschland das Profiboxen faktisch noch nicht existierte und man auf einen deutschen Helden, Max Schmeling, noch zwei Jahrzehnte warten musste. In beide der ganz großen Kämpfe von Schmeling – der K.o.-Sieg 1936 über Joe Louis und die K.o.-Niederlage 1938 gegen Joe Louis – war Jack Johnson involviert.

1936 hatte Goebbels’ Propagandaministerium vor dem Kampf der deutschen Presse Zurückhaltung verordnet, denn Schmeling stieg als großer Außenseiter in den Ring. Die Redaktionen wurden angewiesen, die Boxer nicht als Vertreter “der weißen und der schwarzen Rasse” darzustellen. Dies gelte auch “im Falle eines Sieges Schmelings.” Einen Sieg Schmelings hatten in der Tat nur wenige Experten vorausgesagt, einer von ihnen war Jack Johnson. (Eine andere Expertin, übrigens, war Marlene Dietrich.) Johnson hatte sogar beim Camp von Schmeling angeklopft, ob er nicht als Berater, als Sekundant oder in anderer Funktion helfen könne.

1938 aber, als Schmeling gegen den mittlerweile zum Weltmeister aufgestiegenen Louis antrat, war die deutsche Siegesgewissheit ungebremst. Der Boxreporter Arno Hellmis, der auch die Radioreportagen beider Kämpfe bestritt, schrieb über Louis: „Zieht man seine boxerischen Qualitäten, seinen unerhört beidhändigen Schlag und sein instinktmäßiges, durch die Rasse bedingtes ‚Boxgefühl‘ ab, dann bleibt Joe Louis – ein primitiver, durchaus unintelligenter Naturbursche von einigen zwanzig Jahren.” Dass so einer in den USA Karriere machen kann, konnte sich ein Nazijournalist wie Hellmis nur damit zu erklären, dass die amerikanische Pioniergeneration satt sei, “die Parasiten kamen – wie überall – erst später.” Den Umstand, dass Louis in den USA auch bei vielen Weißen populär ist, kann er sich nur damit erklären, dass Louis ein “Halbneger” sei, “hellhäutig, also ‚amerikanisiert‘”. Die weißen Amerikaner sähen “in Joe Louis so etwas wie das Produkt der von ihnen erreichten Aufzucht einer als minderwertig verfemten Rasse, mit der sie nun mal zusammen leben müssen”.

Einzig der prinzipiell alles anders, alles falsch machende Jack Johnson scherte aus und gab öffentlich Tipps an Max Schmeling, wie er Joe Louis, dieses Boxgenie, schlagen könne. Der Schwarze Johnson wurde in der deutschen Presse ignoriert. Je näher der Kampf rückte, desto mehr rückte Johnson von seiner Pro-Schmeling-Haltung ab. Kurz vor dem Kampf, den Louis bekanntlich überdeutlich gewinnen sollte, entschuldigte sich Johnson für diesen und andere frühere Fehler. Mehr zu diesem Thema (man verzeihe die Unbescheidenheit): Schmeling. Die Karriere eines Jahrhundertdeutschen.

 

npd und bundeswehr

Donnerstag, Dezember 25th, 2008

Es sei hiermit auf eine recht gründliche Recherche von mir und meiner Kollegin Katrin Richter für die Jüdische Allgemeine verwiesen: Kamerad Voigt. Es geht um die Frage, warum sowohl der Deutsche Bundeswehrverband als auch die deutsche Bundeswehr den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt in ihren Reihen halten. Der Verband, der sich als Soldatengewerkschaft versteht, hält ihn als Mitglied, die Bundeswehr hält ihn als Hauptmann der Reserve. Warum das so ist und wie die Bundeswehr in Siebziger- und Achtzigerjahren mit linken Offizieren umsprang, lässt sich alles nachlesen.

marseille-madrid-knast-marseille

Sonntag, Dezember 21st, 2008

Eine wirklich sehr lesenswerte Geschichte hat Andrej Reisin in der Jungle World aufgeschrieben: Der französische Fußballfan Santos Mirasierra war in den letzten Monaten in Madrid inhaftiert, jetzt ist er auf Kaution frei und zurück in Frankreich. Die Hintergründe finden sich hier: Madrider Normalzustand. Ebenfalls ausführlich zum selben Fall auf SportswireOn craint dégun!

diverses

Freitag, Dezember 19th, 2008

Zum halbwegs lesenswerten Bloggen komme ich derzeit nicht (so ich so etwas jemals tat – ich vermute: nein). Also hier ein paar Links auf eigene Texte:

In der neuen Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen habe ich eine Recherche zu einem Symposium an der Ludwig-Maximilians-Universität München veröffentlicht: Die dortige Katholisch-Theologische Fakultät wollte drei iranische Islam-Gelehrte einladen, erntete wegen eines der eingeladenen drei Herren zurecht massive Kritik und sagte die Veranstaltung ab. Nämlich mit dieser Begründung: „Wir bedauern, dass wir die geplante akademische Veranstaltung nicht durchführen können. Wir respektieren damit die vom Zentralrat der Juden geäußerten Bedenken.“ Über diese Begründung regte sich, wieder zurecht, Nathan Kalmanowicz, Mitglied des Präsidiums des Zentralrats der Juden in Deutschland, auf: „Es wird angedeutet, hier sei eine jüdische Lobby’ am Werk.“ Mehr hier: Teherans Denker (bitte runterscrollen).

Etwas optimistischer geht es zu bei einem Interview, das ich mit dem amerikanischen Fundraiser Al Gilens führte: Wie lassen sich in der aktuellen Finanzkrise noch Spenden etc. akquirieren? Gilens ist bemerkenswert optimistisch: „Ich sage rosige Zeiten voraus“ (auch hier: bitte runterscrollen).

gladbach, barack, feindbilder

Donnerstag, Dezember 11th, 2008

Ich bin tatsächlich mitunter noch sportjournalistisch tätig. Zumindest in meiner Kolumne Abseits in der Jüdischen Allgemeinen, in der ich diesmal begründe, warum es historisch betrachtet keine schlechte Idee ist, dass der DFB Borussia Mönchengladbach einlud, um Israel zum 60. Tag der Staatsgründung zu gratulieren.

Außerdem mal wieder Unsportjournalismus: Ein Interview mit John C. Hulsman, der als Vordenker der amerikanischen Republikaner in Sachen Außenpolitik gilt, und ein paar interessante Ideen für die bald antretende Obama-Administration entwickelt: „Sie handeln völlig unideologisch“.

Und: ein Bericht von der Tagung „Feindbild Muslim – Feindbild Jude“ des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin: Zum Vergleich.