katar/russland

leipzig-stadionblick.JPG In der neuen Konkret (Nr. 1/2011) findet sich ein kurzer Kommentar von mir, der sich gegen die allgemeine Aufregung wendet, wie schlimm doch die Vergabe der Fifa-Fußball-WM 2018 und 2022 an Russland bzw. Katar sei. Der Text steht nicht online, aber ich kopiere ihn hier einfach mal rein, denn irgendwie dünkt mir, dass Katar in jüngster Zeit viel zu selten verteidigt wurde.

  • Weltmarktmeister 

Die Fußballweltmeisterschaften 2018 und 2022 finden in Russland und Katar statt. Nach der Bekanntgabe hagelt es prompt Kritik. Als ein Argument gegen Russland ist zu hören, die Entfernungen seien zu groß. Ein interessanter Einwand, hörte man nicht die Argumente gegen Katar: Das Land sei ja nur halb so groß wie Hessen, von den zwölf Stadien lägen gleich sechs in der Hauptstadt Doha. Was sei das denn für eine Weltmeisterschaft, wo man überall mit dem Fahrrad hinkäme?

Dort sei es obendrein viel zu heiß. Dass die Organisatoren auf modernste Umwelttechnologie setzen, nur mit erneuerbaren Energien arbeiten und so die Temperaturen in den Stadien auf etwa 25 Grad Celsius senken, wird nur unwillig zur Kenntnis genommen. Man hätte ja die WM gleich in einem Land mit, wie man sagt: normalen Temperaturen ausrichten können. Vielleicht eines mit großer Fußballtradition – in Katar werden nämlich keine großen Stadien gebraucht. Etwa so wenig wie in Leipzig, einem WM-Ausrichtungsort 2006, in dem nur Viert- und Fünftligisten kicken. Anders als in Leipzig will man in Katar aber nach der WM große Teile der Stadien wieder zurückbauen und in Entwicklungsländern aufbauen, wo ebenfalls viele Fußballanhänger leben.

Und Fußballanhängerinnen. Gerade in Katar gäbe es ja keinen nennenswerten Frauenfußball und in den Stadien sehe man keine Frauen, monieren die Kritiker. Seit Mitte des Jahres hat das kleine Land eine Frauennationalmannschaft – eine Entwicklung, die gewiss nicht aus der Mitte der Gesellschaft kommt, sondern durch den internationalen Druck bewirkt wurde, der auf der WM-Bewerbung lastet.

Gut, gut, hört man, das mache aber Russland und Katar immer noch nicht zu Demokratien im westlichen Sinne. Vielmehr stabilisiere die Fifa so autoritäre Regimes. Als die Olympischen Spiele 2008 oder 1988 nach Peking beziehungsweise Seoul vergeben wurden, war anderes zu vernehmen: Der kosmopolitische Sport, hieß es, helfe bei der Demokratisierung. Und, nebenbei gefragt, wie viel mehr Demokratie verdankt sich eigentlich ein Land wie Deutschland der WM 2006?

Die Fifa sei korrupt, ist als letztes Argument zu hören, Russland und Katar hätten nur dank Bestechung den Zuschlag erhalten. Als ob nicht bekannt wäre, dass alle, wirklich alle Bewerber um solche Großereignisse wie Fußball-WM und Olympische Spiele bestechen, dass dies eine conditio sine qua non ist, ähnlich wie die pünktliche Abgabe der Bewerbungsunterlagen.

Wie so oft im Leben, kommt man mit ökonomiekritischen Erklärungen weiter, wenn es um die Erklärung solcher Phänomene geht. Zumal die Fifa kein Geheimnis daraus macht, dass es ihr um die Eroberung neuer Märkte geht. Die Fifa agiert schließlich als Monopolist auf dem Fußballsektor des Weltmarkts, bei dem es vor allem um Fernsehrechte geht. Je beliebter der Fußball auch in Russland und dem Nahen Osten, desto höher sind die Lizenzeinannahmen. So einfach ist das.

Martin Krauß

zuerst veröffentlicht in: Konkret 1/2011

One Response to “katar/russland”

  1. […] (http://tinyurl.com/3alp9qy) In der neuen Konkret (Nr. 1/2011) argumentiert Martin Krauß eine ganz andere Position. – Da ich in einer bipolaren Welt aufgewachsen bin, kann ich auf beiden Polen zugleich meine […]